Ich freue mich über Ihr Interesse an der Dendrochronologie
Mit Hilfe der Dendrochronologie ist es für Heimatforscher, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger möglich,
jegliche Objekte aus Holz auf das Jahr genau zu datieren. Klimaforscher können darüber hinaus auf Proxydaten
zugreifen, die tausende von Jahren zurückreichen. Sozialwissenschaftler erhalten Auskunft über Herkunft und
Vertrieb von Holz. Außerdem können Zusammenhänge von Handwerkertraditionen geklärt werden.
In meinem Labor sind Datierungen von Objekten aus Eichen-, Tannen-, Fichten- oder Lärchenholz in ganz Mitteleuropa bis nach
Nordostungarn möglich. Mein Spezialgebiet sind Fachwerhäuser, Holzobjekte aller Art, Musikinstrumente (Violinen, Gitarren usw.)
sowie archäologische Bodenfunde. Die Fällungszeit eines
Baumes kann bis auf ein halbes Jahr genau bestimmt werden, falls der letzte gewachsene Jahrring, die so
genannte Waldkante, erhalten ist. Dadurch wird die Dendrochronologie zur
genauesten und zuverlässigsten Datierungsmethode, die es gibt.
In den nächsten Kapiteln erfahren Sie mehr über die Technik der Probenentnahme,
sowie über Konzept,
Entstehung und Werdegang meines Dendrochronologie-Labors, Einrichtung meines Unternehmens und
schließlich über mich. Fachbegriffe schauen Sie bitte im
Glossar nach.
Damit eine Holzprobe auf das Jahr genau datiert werden kann, muß der letzte Jahrring,
die so genannte Waldkante erhalten sein.
Um das Alter eines Fachwerkhauses zu bestimmen, sind mindestens drei Hölzer mit Waldkante aus
unterschiedlichen Bauabschnitten des Hauses erforderlich. Also z.B. je eine Probe aus Schwelle,
Eckständer und Dachbalken. Da bis in das 19. Jahrhundert Holz nur in saftfrischem Zustand verarbeitet
wurde, entspricht das Endjahr auch dem Erbauungsjahr des Hauses.
Bei Feuchtbodenhölzern ist es sehr wichtig, während der Bergung darauf zu achten, dass das sehr schwammige
Splintholz mit der Waldkante erhalten bleibt. Das nasse Holz sollte direkt nach der Bergung möglichst
feucht gehalten werden, um ein Eintrocknen des Splintholzes zu verhindern.
Für eine sichere Datierung braucht man je nach Holzart und Standort mindestens 60 bis 80 Jahrringe und eine regionale Standardchronologie,
um die Holzproben damit vergleichen zu können.
Aus folgenden Regionen liegen mir Standardchronologien vor:
Standardkurven (Eiche: Quercus robur und Quercus petraea):
- Nordwestschweiz: 545 v. Chr. bis 129 n. Chr.
- Neckar-Donau: 71 v. Chr. bis 1970 n. Chr.
- Vorderpfalz: 305 bis 2007 n. Chr.
- Rhein-Main: 502 v. Chr. bis 1890 n. Chr.
- Untermain: 1376 bis 1890 n. Chr.
- Saar-Mosel: 339 v. Chr. bis 1975 n. Chr.
- Westerwald-Sauerland: 109 v. Chr. bis 1967 n. Chr.
- Ardennen-Eifel: 154 v. Chr. bis 1965 n. Chr.
- Ems-Weser: 241 v. Chr. bis 1958 n. Chr.
- Niederrhein: 117 v. Chr. bis 1968 n. Chr.
- Westdeutsche Eiche: 795 v. Chr. bis 2008 n. Chr.
- Nordostungarn: 1442 bis 2009 n. Chr.
Standardkurven (Tanne: Abies alba):
- Mitteleuropa: 820 bis 1961 n. Chr.
- Bayerischer Wald: 1541 bis 1961 n. Chr.
- Rhein-Main: 1605 bis 1899 n. Chr.
- Vogesen: 1767 bis 1942 n. Chr.
- Beskiden: 1701 bis 1943 n. Chr.
- Nordostungarn: 1524 bis 1900 n. Chr.
Standardkurven (Fichte: Picea abies):
- Mittelfranken: 1250 bis 1483 n. Chr.
- Oberbayern: 1721 bis 1938 n. Chr.
- Beskiden: 1725 bis 1943 n. Chr.
- Erzgebirge: 1763 bis 1941 n. Chr.
- alpine Hochalpen: 1276 bis 1974 n. Chr.
- Maingebiet: 1586 bis 1731 n. Chr.
Standardkurven (Lärche: Larix decidua):
- Berchtesgaden: 1339 bis 1947 n. Chr.
- Ötztal: 1333 bis 1974 n. Chr.
- Norditalien: 781 bis 1988 n. Chr.
Die dendrochronologische Untersuchung wird mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten
Computerprogramms vorgenommen. Es wird sowohl der Korrelationskoeffizient als auch der
Gleichläufigkeitswert berechnet. Bei der Auswertung bekommt der Korrelationskoeffizient das größte
Gewicht, da er gegenüber dem Gleichläufigkeitswert die größere Information und Aussagekraft hat.
In der Regel lassen sich 3-4 cm dicke Holzscheiben mit mindestens 60 bis 80 Jahrringen am besten datieren.
Können keine Holzscheiben angefertigt werden, entnimmt man die Holzprobe mittels eines dünnen
Hohlbohrers, was bei Fachwerkhölzern zu keiner Beeinträchtigung der Baustatik führt.
Für jede Holzprobe wird die Zahl der Jahrringe und das Endjahr angegeben. Die Lage der Jahrringkurven werden
mit einem Kurvendiagramm dokumentiert.
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In zunehmendem Maße sind unsere kulturellen Denkmäler vor Zerstörung bedroht; meist aus Unwissenheit
um das unersetzliche Kulturgut. Ich sehe meine Arbeit in der gesellschaftlichen Verantwortung für den
Erhalt und die Pflege des kulturellen Erbes. Erst wenn wir wissen, wie alt unsere Zeitdokumente der
Architektur und anderer Kulturobjekte sind, werden uns die Dimensionen der Geschichte, die uns auf
Schritt und Tritt in der Gegenwart begleiten, bewußt.
Aber auch unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes werden oft Denkmäler in ihrem Denkmalcharakter
unterschätzt, weil das Alter falsch eingeschätzt wurde.
Meine Aufgabe ist es, Zeitgeschichte bewußt zu machen und Objekte wieder ihren historischen Rahmen zu geben,
der ihnen gebührt. Ich hoffe, damit einen Beitrag zu leisten, der Schönheit in Form von Fachwerkbauten
in unserer technischen Welt wieder ihren Wert zu geben.
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1972 erfuhr ich zum ersten Mal von der Dendrochronologie aus dem Buch von Ceram: "Der erste
Amerikaner". Da mich die Archäologie schon immer interessierte, kaufte ich mir 1983 "DuMont's Lexikon
archäologischer Fachbegriffe und Techniken" von Sarah Champion. Auch dort wurde das dendrochronologische
Verfahren ausführlich beschrieben.
Die Liebe zur Heimat und das Forschen nach alten Hausinschriften brachte mich 1984 mit dem Besitzer des
Fachwerkhauses in der Langgasse 26 in Kontakt, der sich sehr für das Alter seines Hauses interessierte. Anhand eines
von ihm unter der Schwelle seines Hauses gefundenen Kruges hatten wir zwar einen guten Anhaltspunkt,
aber er wollte es genauer wissen. Dies war die Geburtsstunde meines Dendrochronologie-Labors. Ich wollte einfach
mal sehen, ob ich sein Haus damit datieren könnte. Da es für unsere Region noch keine Eichenmittelkurve gab,
um Hölzer mit relativ wenigen Jahrringen datieren zu können, machte ich mich daran, für Schifferstadt
eine eigene Chronologie zu erstellen.
Zunächst beschaffte ich mir vom Förster einige rezente Baumscheiben, die mich immerhin bis in das Jahr
1795 zurückbrachten. Doch weitere Proben waren zu suchen. Nach einem Jahr hatte ich eine Standardkurve
bis 1506. Nun konnte ich auch das erste Fachwerkhaus in Schifferstadt datieren. Das Haus in der Langgasse
26 wurde 1716/17 erbaut.
Am Anfang versuchte ich, mit Hilfe von Pauspapier meine Jahrringkurve mit der Standardkurve zur
Deckung zu bringen, doch das war gar nicht so einfach, weil sich die Kurvenabschnitte sehr
ähnelten. Ich brauchte also eine Methode, um die einzelnen möglichen Lagen miteinander zu vergleichen.
Aus der Landesbibliothek in Speyer lieh ich mir jede Menge Bücher über dieses Thema aus und fand schließlich
in Ernst Hollstein meinen Mentor.
Zuerst berechnete ich die Gleichläufigkeitswerte - damals noch mit dem Taschenrechner.
Bald verwendete ich ein einfaches Basic-Programm, um auch die Korrelationskoeffizienten für jede Lage zu
bestimmen. Dazu brauchte der Schneider Computer fünf Stunden Rechenzeit.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Kommilitonen Wolfgang Bregel und
Franz Speckert für ihre selbstlose Hilfe bedanken, die sie mir bei der Programmerstellung gewährten.
Mangels eigenem Rechner testete ich das Programm sowohl bei "Wolle" als auch auf den IBM Rechnern an
der Uni Kaiserslautern.
Nach intensivem Selbststudium war klar, dass man erst mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf der sicheren Seite ist.
Ich brachte also auch meinem Programm die Stochastik bei und integrierte einen Vergleichstest. Angeregt
durch die Arbeit von Burghart Schmidt und Roland Aniol (Die Arbeitsweise der Dendrochronologie und ihre
Verbesserung durch Berücksichtigung von Weiserjahren, Köln 1979) sortierte ich die Ergebnisse
in Spalten ein, die nach Datierungsspielräumen (10, 100, 1000, 10000) angeordnet sind. Dies ist besonders
praktisch, weil die richtige Lage dann sofort ins Auge springt (Vollausschlag).
1986 war das Programm einsatzbereit.
1987 bekam ich meinen ersten IBM PC, dem man allerdings noch keine Grafik entlocken konnte.
Die Kurvenpunkte der Jahrringbreiten mußte ich deshalb mit einem 9-Nadeldrucker ausdrucken und dann
miteinander von Hand verbinden.
Dafür war die Rechenleistung wesentlich besser. In 10 bis 20 Sekunden hatte man das
Ergebnis. Für damalige Verhältnisse war dies ein enormer Fortschritt; und das bei einer Taktfrequenz von
"starken" 8 MHz.
1990 bekam ich den Auftrag, die romanische Kirche in Iggelheim zu datieren. Es fand sich im steinernen
Turm tatsächlich noch ein hölzener Ringankerbalken aus dem 11. Jh. Dabei kam zum ersten Mal
ein Hohlbohrer zum Einsatz.
1993 konnte ich zum ersten Mal archäologisch ausgegrabene Eichenhölzer mit Erfolg datieren.
Im Jahr 2000 fand sich beim Umbau der Kirche St. Jakobus in Schifferstadt ein Hohlraum in der Mauer,
der Reste eines Ringankerbalkens enthielt, die ich in das 11. Jh. datieren konnte. Somit konnte mit der
Dendrochronologie das durch Bauforschung geschätzte Baudatum bestätigt werden.
Im gleichen Jahr erwarb ich einen 486er PC mit 100 MHz. Ein neuer Zeitsprung war getan.
Die Rechnungen dauerten nur noch wenige Sekunden.
2007 baute ich zusammen mit Jochen Weick meinen ersten Rechner zusammen, diesmal mit Duo Core Prozessor
und 2 GHz Taktfrequenz.
Seit 2008 arbeite ich am Aufbau einer Standardkurve für Nordostungarn. In diesem Teil Ungarns ist die
Dendrochronologie noch völlig unbekannt. Mit Hilfe der Regionalkurve wird es möglich sein, die dortigen
Bauernhäuser, Möbel, Kirchendachstühle und berühmten, hölzernen Glockentürme zu datieren.
2009 setzte ich in zunehmendem Maße Excel-Diagramme ein, um mehrere Jahrringkurven übereinander
zeichnen zu können. Des weiteren wurde die Präparationstechnik zur detailreichen Sichtbarmachung der Jahresringe nochmals
wesentlich verbessert.
Im Nordostungarn erstellte ich für drei verschiedene Eichenwälder eine dendrochronologische Jahrringkurve.
Zusätzlich konnte ich eine 150jährige "schwimmende" Kurve aufstellen, die bis in das 18. Jahrhundert
hinabreicht. Ich bin sehr gespannt auf die "Schlüsseleiche", die mir beide Chronologien zusammenfügt.
2010 hat mich ein Getreidemaß mit über 200 Jahrringen einen wesentlichen Schritt weitergebracht.
Das missing link ist gefunden. Die Chronologie für Nordostungarn reicht nun lückenlos bis 1704 zurück.
In Nyírbator konnten Holzproben vom Dachstuhl der reformierten Kirche sichergestellt werden. Sie sind
dendrochronologisch und durch schriftliche Quellen in das Jahr 1513 und 1521 zu datieren.
2019: Zur Datierung von Hölzern auch mit wenigen Jahrringen habe ich mehrere neue Tests erarbeitet, die
in besonderem Maße die Weiserjahre und Signaturen berücksichtigen. Wie schon 1985 diente mir dabei die
Arbeit von Burghart Schmidt und Roland Aniol als Inspirationsquelle.
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Das Dendrochronologie-Labor ist das erste Labor in der Pfalz, das sich vorwiegend auf die Datierung von
Fachwerkhäusern spezialisiert hat. Es wurde 1985 gegründet.
Die Jahrringbreiten werden entweder vor Ort mit einer Meßlupe (10x) oder mit einem Stereomikroskop
(10x und 20x) gemessen. Die Meßgenauigkeit beträgt 3/100 mm.
Zur Entnahme der Holzproben dienen verschiedene Hohlbohrer:
- Hohlbohrer Handbetrieb
- Hohlbohrer Eigenbau
- zwei verschiedene Hohlbohrer für Maschinenbetrieb
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Meine Welt ist die Naturwissenschaft und Technik.
Nach einem viersemestrigen Maschinenwesen-Studium an der Universität Kaiserslautern setzte ich mein
Studium mit Physik, Statistik, Informatik und Botanik fort.
Mein Interesse an Architektur und Bauforschung führte mich zur Vorlesung über Denkmalschutz bei Prof.
Hofrichter.
Schließlich beendete ich mein Studium der Physik, Astronomie und Botanik an der Universität Heidelberg
mit einer Diplomarbeit, in der ich die Korrelationskoeffizienten als Testvariable mit Erfolg anwandte.
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- Dendrochronologie:
(von gr. dendron = der Baum, + gr. chronos = die Zeit, + gr. logos = die Lehre)
Es ist ein Kunstwort und meint die Lehre von der Datierung anhand der Jahresringe. Dabei wird
ausgenutzt, dass ein Baum jedes Jahr einen neuen Jahresring ansetzt und im Durchmesser zunimmt. Der
Jahreszuwachs verläuft von innen nach außen. Je nach Klima des Jahres ist der Zuwachs einmal stärker
und einmal schwächer. Diese Abfolge von Jahreszuwächsen ist für ein regionales Gebiet sehr ähnlich
und somit vergleichbar. Sind nun die Abfolgen der Zuwächse bekannt, kann ein Holz unbekannten Alters
dadurch datiert werden, indem man seine Jahrringkurve solange über der Standardkurve verschiebt, bis
beide Kurven die größtmögliche Übereinstimmung aufweisen. Man hat dadurch eine Deckungslage gefunden.
Der letzte Jahrring gibt dann die Fällungszeit des Baumes an.
- terminus post quem:
Wörtlich "Zeit nach einem bestimmten Datum". Der Begriff dient zur Angabe eines frühestmöglichen
Jahres.
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